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1. Kann ein Händler strafrechtlich verfolgt werden, wenn er unwissentlich gestohlene Waren weiter verkauft?
Strafrechtlich relevant für den Verkauf gestohlener Sachen ist der Straftatbestand der Hehlerei gemäß § 259 StGB. Nach dessen Absatz 1 macht sich strafbar, wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern. Für An & Verkaufsläden ist dabei der Fall des Ankaufs bzw. Absetzens einschlägig.
Im Fall vom regelmäßigen Vorliegen solcher Fälle in An & Verkaufsläden kommt prinzipiell die gewerbsmäßige Hehlerei gemäß § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB in Betracht. Gewerbsmäßigkeit liegt aber erst dann vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Dafür wäre allerdings ein relativ hohes Maß an Fällen erforderlich, da die Erzielung unwesentlicher Nebeneinkünfte nicht ausreicht.
Eine Bande im Sinne des StGB setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen.
Weiterhin ist es für eine Verwirklichung des Straftatbestands der Hehlerei erforderlich, dass der Täter vorsätzlich bezüglich aller Tatbestandsmerkmale handelt.
Den Vorsatz des Täters nachzuweisen, fällt in der Praxis schwer. Den Täter, der aussagt, er wusste von der rechtswidrigen Vortat, er hat das Objekt angekauft und wollte sich zudem bereichern, dürfte es nur in den seltensten Fällen geben. Ausreichend ist aber auch eine sogenannte bedingt vorsätzliche Tatbegehung. Der bedingt vorsätzlich handelnde Täter hat die Möglichkeit eines Taterfolgs im Sinn der Hehlerei erkannt, ist mit dem Eintritt des Erfolges in dem Sinne einverstanden und nimmt ihn billigend in Kauf. Ob dem so ist, unterscheidet die Rechtsprechung anhand einer Gesamtwürdigung der Tatumstände und ist in hohem Maße Einzelfallabhängig. Eine pauschale Aussage verbietet sich.
Eine fahrlässige Tatbestandsbegehung sieht das Gesetz nicht vor, also wenn der Täter die Möglichkeit der Tatverwirklichung erkennt, damit aber nicht einverstanden ist und auf den Nichteintritt des Taterfolgs vertraut. Eine einzige Ausnahme sieht § 148 b GewO für fahrlässige Hehlerei von Edelmetallen und Edelsteinen.
Hinzutreten für eine Strafbarkeit muss außerdem stets die Bereicherungsabsicht, also die Absicht des Täters, sich oder einen Dritten zu bereichern.
2. Was ist bei der Annahme einer Ware die nicht Eigentum des Verkäufers ist, es aber eindeutige Zeichen gibt, dass die angebotene Ware Diebesgut ist? Wie ist das Strafmaß?
Die genauen Einzelheiten der Vortat, das heißt ihre Art, die Umstände ihrer oder die Person des Vortäters müssen nicht bekannt sein. Es ist ausreichend, wenn sich der Täter vorstellt, dass die Sache aus irgendeiner gegen fremdes Vermögen gerichteten Tat stammt. Sofern der Täter irrig Umstände annimmt, aufgrund derer der Vorbesitzer unanfechtbarer Eigentümer geworden wäre, fehlt der Vorsatz.
Beispiele aus der Rechtsprechung
Ebay: Beim Erwerb von gestohlenen Sachen in Internetauktionen zum „Schnäppchenpreis“, zum Beispiel einem Navigationsgerät für 670 Euro, das im Handel mehr als 2.000 Euro kostet, kann nicht ohne weiteres auf das Vorliegen eines bedingten Hehlereivorsatzes geschlossen werden. Dies auch dann nicht, wenn der Startpreis äußerst gering ist und die Ware von einem Anbieter aus Polen als „toplegal“ und „nagelneu“ angepriesen wird. Somit kommt eine Hehlereistrafbarkeit nur in Betracht, wenn sich dem Erwerber auf Grund einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände geradezu aufdrängen musste, dass es sich bei der gekauften Ware um Diebesgut handelt und er dies billigend in Kauf genommen hat. Etwas anderes dürfte damit bei einem auffallend niedrigen „Sofort-Kaufen-Preis“ gelten.
Daraus ergibt sich für den Ankauf von Sachen im Rahmen von An & Verkaufsläden Folgendes: Lediglich einfache Zweifel an der Herkunft der angekauften Ware genügen nicht für eine Hehlereistrafbarkeit. Vielmehr müssen sich unter Berücksichtigung aller Umstände (z.B. Auftreten des Verkäufers, Schlüssigkeit seiner Angaben zum Ankaufsgegenstand, Typ des Ankaufsgegenstands, Ankaufspreis) ernsthafte Zweifel aufdrängen, die bewusst in Kauf genommen werden. Für die Bereicherungsabsicht genügt dabei das Vorliegen eines üblichen Geschäftsertrags durch den späteren Weiterverkauf.
Strafmaß
Das Strafmaß für eine verwirklichte Hehlerei ist sehr stark von den einzelnen Tatumständen abhängig und damit in hohem Maße einzelfallabhängig. Kriterien sind insbesondere der eingetretene Schaden bzw. Wert der Sache, die Anzahl der Fälle, mögliche Vorstrafen des Täters sowie sein Nachtatverhalten.
AG Pforzheim (Az. 8 Cs 84 Js 5040/07), Urteil vom 26.06.2007:
Der nicht vorbestrafte Angeklagte kaufte ein Navigationsgerät im Wert von ca. 2.100 Euro auf Ebay für rund 670 Euro. Er wurde zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt.
BGH (Az. 4 StR 54/15), Beschluss vom 23. September 2015:
Bei einer Bandenhehlerei mit mehreren Beteiligten und Hehlerei in 9 Fällen ging es um den Weiterverkauf von zuvor von unbekannten Tätern entwendetem Buntmetall im Wert zwischen 5.000 Euro und 160.000 Euro. Die Angeklagten erhielten jeweils eine Freiheitsstrafe von drei Jahren.
Im Fall von keinen Vorstrafen ist also in einem einfachen Fall bei einem An & Verkaufsladen von einer Geldstrafe auszugehen (sofern der Nachweis eines Vorsatzes überhaupt geführt werden kann). Diese sollte auch unter 90 Tagessätzen liegen, sodass jedenfalls nicht von einer Strafe auszugehen ist, die in das Führungszeugnis eingetragen würde. Kommt es zu wiederholten Verurteilungen, kann das Strafmaß dann aber schon anders aussehen.
Sollten Sie einer Straftat beschuldigt werden, geben Sie gegenbüber der Ermittlungsbehörden keine Aussagen ab. Erkundigen Sie sich zunächst bei uns, um Nachteile zu vermeiden.
3. Mit was muss ein Käufer (Kunde des A&V) zivilrechtlich rechnen, wenn er gestohlene Ware kauft und diese später heraus kommt?
Ein gutgläubiger Eigentumserwerb durch den Ankauf an gestohlenen, verloren gegangenen oder sonst abhanden gekommenen Sachen ist gemäß § 935 BGB ausgeschlossen. Der ursprüngliche Eigentümer bleibt also auch Eigentümer und kann gemäß § 985 BGB die Herausgabe des Gegenstands verlangen.
Von dem ursprünglichen Eigentümer kann der Käufer im Gegenzug nicht den gezahlten Kaufpreis verlangen. Er muss sich an seinen Vertragspartner halten, also dem Händler des An&Verkaufgeschäfts.
Ab dem Zeitpunkt, an welchem der Käufer davon erfährt, dass die gekaufte Sache gestohlen ist, haftet er zusätzlich für an der Sache eintretende Schäden gemäß §§ 989, 990 BGB. Allerdings kann er von dem ursprünglichen Eigentümer notwendige Verwendungen gemäß § 994 BGB ersetzt verlangen. Dies sind Aufwendungen, die der Sache zugute kommen, indem sie diese erhalten, verbessern oder instand setzen, zum Beispiel also Reparaturkosten.
Aus dem Kaufvertrag gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Verkäufer gegenüber dem Käufer die Pflicht zu Eigentumsverschaffung. Dies ist wegen $ 935 nicht möglich. Damit kann der Käufer Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB wegen Unmöglichkeit der Eigentumsverschaffung verlangen.
Eine Schadensersatzpflicht des Verkäufers ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Verkäufer die Pflichtverletzung der fehlenden Eigentumsverschaffung nicht zu vertreten hat, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Beweislast trägt dabei der Verkäufer, dieser müsste also nachweisen, dass er keine Pflicht verletzt hat, nämlich dass bezüglich der Sache beim Ankauf gar keine Anhaltspunkte für einen Diebstahl vorlagen bzw. gegebenenfalls ausreichend Prüfmaßnahmen durchgeführt wurden, die zu keinen Anhaltspunkten eines vorherigen Diebstahl führten.
Der An & Verkaufsläden hat zwar in der Theorie gleichfalls einen solchen Schadensersatz gegen denjenigen, von dem er seinerseits die gestohlene Ware angekauft hat. Allerdings ist davon auszugehen, dass es in der Praxis Schwierigkeiten gibt, diese Forderung einzutreiben.
4. Müssen sich Händler vergewissern, ob die ihnen angebotene Ware im Eigentum des Verkäufers steht?
Strafrechtlich gesehen besteht eine solche Pflicht nach dem oben gesagten erst ab dem Überschreiten einer relativ konkreten Verdachtsschwelle. Je nachdem wie hoch das Risiko für derartige Fälle eingeschätzt wird und um auf Nummer sicher zu gehen, empfielt sich eine gewisse Dokumentation.
Damit könnten auch eventuelle spätere zivilrechtliche Schadensersatzansprüche der Käufer von gestohlener Ware besser begegnet werden. Möglich wäre zum Beispiel die Verwendung von Ankaufsformularen, in welchen die Verkäuferdaten erfasst werden und der Verkäufer erklärt, dass er Eigentümer der verkauften Ware ist. Bei größeren Verdachtsmomenten könnten auch weitere Nachfragen oder Nachforschungen gestellt werden. Auf jeden Fall ist es aber besser, irgendeine Form von Dokumentation zu haben als gar keine. Sollte es nämlich zu strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Streitigkeiten kommen, haben diese in aller Regel einen erheblich besseren Beweiswert als rein mündliche Aussagen.
Für alle weiteren Fragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.
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